
Reverse Dieting: Beende den Teufelskreis der Dauer-Diäten
Gehörst du auch zu den Menschen, die fest den Glaubenssatz in sich verankert haben, dass sie ein Stück Kuchen oder Pizza nur anschauen müssen und dadurch direkt zunehmen? Du bist nicht allein! Dieser Satz ist vermutlich einer der häufigsten Aussagen der Kunden aus meinem Praxisalltag. Und gewissermaßen ist diese Aussage nicht mal falsch. Aus meiner Erfahrung kann klar sagen: Es gibt genau die Stoffwechselsituation und Vorgänge, bei denen der Körper ständig versucht, neues Körperfett auf- statt abzubauen. Der häufigste Grund: ein oftmals über Jahre andauernder, ständiger Wechsel aus Diäten, kurzfristigen Erfolgserlebnissen und Rückschlägen im Sinne des Jojo Effekts.
Wie schnell gewöhnt sich der Körper an wenig Essen?
Das Ziel im ersten Diätversuch ist meist nur „ein paar wenige Kilos“ zu verlieren. Das klappt ganz gut, hält aber irgendwie nicht dauerhaft. Die nächste Diät zum Abnehmen folgt – und die Kaskade beginnt von vorn. Irgendwann bemerkst du vielleicht, dass bei jedem Diät-Start ein höheres Startgewicht hast, als bei der vorherigen Diät. Vorgehensweisen, die vor ein paar Monaten oder Jahren noch die Fortschritte beim Abnehmen begünstigt haben, scheinen nun nicht mehr zu wirken. Auch mehr Bewegung führt nicht zum Ziel. Die Interventionen werden immer strenger, oft werden Modelle wie Intervallfasten und Low Carb sogar kombiniert – aber das gesteckte Ziel scheint immer weiter in die Ferne zu rücken und die Waage wird zum Feindbild Nummer Eins. Manchmal verschlechtert sich sogar die körperliche Form, weil der Körper in dieser Notsituation Muskelmasse abbaut. Selbst regelmäßiges Krafttraining scheint nicht mehr hilfreich für den Aufbau der Muskelmasse.
Solle Anpassungen im Stoffwechsel können, je nach individueller Genetik, schon nach einer radikalen Diät auftreten. Meistens ist es aber der über Jahre anhaltende Teufelskreis aus Dauer-Diäten, der das Abnehmen zunehmend erschwert.
Kann man den Stoffwechsel wieder ankurbeln?
Du findest dich in diesen Zeilen wieder? Dann solltest du dich unbedingt mit Reverse Dieting auseinandersetzen, denn damit lässt sich der Stoffwechsel langfristig wieder ankurbeln.
Der spannende Ansatz: Statt die Kalorienaufnahme zu senken, sondern erhöhst deine Nahrungsaufnahme langsam. Mit dieser Reverse Diät bekommt dein Körper so die Möglichkeit, den Stoffwechsel wieder anzukurbeln – mit dem Ergebnis: Eine Gewichtsabnahme ist endlich wieder möglich und das Ergebnis lässt sich auch langfristig halten – ohne Jojo Effekt.
Klingt zu schön, um wahr zu sein? In diesem Artikel erfährst du unter anderem, wie eine Reverse Diät genau funktioniert und was es dabei, besonders in Bezug den Energiebedarf, zu beachten gilt. Zudem erhältst du natürlich wichtige Tipps rund um die korrekte Kalorienzufuhr und wie du die Methode richtig anwendest.
Was ist die Reverse Diät?
Wenn du dich für Reverse Dieting entscheidest, erhöhst du deine Kalorienzufuhr (meist nach einer oder mehreren) Diäten schrittweise. Der Grundgedanke dahinter ist, dass man damit anregen möchte, den Körper aus dem sogenannten „Hungerstoffwechsel“ oder auch „Energiesparmodus“ herauszuholen.
Das Kaloriendefizit wird also Stück für Stück verkleinert und zunächst wieder auf den Erhaltungsbedarf gebracht. Durch die langsame Erhöhung der Nahrungsmenge soll der Jojo Effekt vermieden werden, weil der gesamte Körper nicht von jetzt auf gleich einer völlig anderen, deutlich kalorienreicheren Ernährung ausgesetzt ist – was eine Fettzunahme, besonders direkt nach einer Diät – begünstigen würde.
Schon gewusst? Eigentlich sollte man tatsächlich jede Diät auf diese Weise abschließen. Dieser Artikel richtet sich jedoch bewusst an diejenigen, die vielleicht schon seit Jahren in einer Schleife aus Dauer-Diäten feststecken und es trotz strenger Regeln und gesunder Ernährung nicht (mehr) schaffen, abzunehmen. Denn gerade dann können du und dein Metabolismus ganz stark von der Methode des Reverse Dieting profitieren.
Welche Vorteile hat die Reverse Diet?
Wenn du dich – vielleicht entgegen deiner bisherigen Gewohnheiten – für die Reverse Diet entscheidest und dich endlich traust, deine Kalorienzufuhr wieder zu erhöhen, wirst du vielleicht nicht in den ersten 4 Wochen eine großartige Gewichtsabnahme bemerken. Allerdings (wenn du du es mit der richtigen Strategie angehst), kannst du schon in wenigen Wochen deutlich mehr Kalorien zu dir nehmen, ohne eine Erhöhung deines Gewichts auf der Waage.
An dieser Stelle will ich ganz ehrlich sein: Wenn du einen „Quick fix“ oder die nächste kurzfristige Diät suchst, dann darfst du an dieser Stelle gerne mit dem Lesen aufhören. Denn die Reverse Diet braucht etwas Zeit. Manchmal reichen 6-12 Wochen, teilweise braucht es aber auch 3-6 Monate, bis sich ein Stoffwechsel von den Strapazen der letzten Diät-Jahre erholt. Wenn du aber bereit dazu bist, dann bringt so ein Stoffwechselaufbau noch ein paar weitere Vorteile mit sich, auf die du dich freuen darfst:
- Mit einer Reverse Diet (und dem passenden Training) kannst du Muskulatur aufbauen und gleichzeitig Fett verbrennen
- Während ein zu hohes Kaloriendefizit oft negative Auswirkungen auf die Stimmung und den Körper hat, fühlen sich viele, die eine Reverse Diet für sich entdecken, leistungsfähiger, weil Stoffwechselprozesse wieder besser funktionieren.
- Der „Food Focus“ und die ständigen Gedanken, ob eine bestimmte Mahlzeit in das strenge, eigene Regelkonstrukt passen, fallen weg.
Apropos…
Warum funktionieren Diäten meist nicht langfristig?
Funktionieren Diäten, Tipps von Experten aus den Medien oder Herangehensweisen, die in der Vergangenheit gut geklappt haben, plötzlich bei dir nicht mehr so gut?
Es gibt einen Grund dafür, dass langfristige Diäten oft nicht den Erfolg bringen, der von ihnen erwartet wird. Der menschliche Körper möchte überleben. Wenn er über Tage, Wochen oder sogar Monate immer wieder mit zu wenig Energie versorgt wird, schafft er es, sich anzupassen. Ein grandioser evolutionärer Vorteil, der dafür gesorgt hat, dass der Mensch den Wettkampf um das Überleben viele tausende von Jahren gewonnen hat. Das bedeutet aber auch:
- Der Grundumsatz sinkt.
- Der Körper läuft in einer Art „Energiesparmodus“.
- Muskeln werden abgebaut (immerhin benötigen diese mit am meisten Energie).
- Hormone und Prozesse im Körper verändern sich.
Gerade bei Frauen ist diese Art von „Schutz“ besonders stark ausgeprägt. Hier hält der Körper bewusst an den Fettreserven fest, damit er – zum Beispiel während einer Hungersnot – noch dazu in der Lage ist, Kinder zu gebären bzw. lange fruchtbar zu bleiben. Die Muskeln bleiben in diesem Fall mit als erstes auf der Strecke. Die harte Wahrheit: Muskulatur ist nicht notwendig um fruchtbar zu bleiben – genügend Fettreserven hingegen schon.
Ein Blick auf diese biologischen Abläufe zeigt, dass es definitiv nicht empfehlenswert ist, einfach nur weniger zu essen. Weniger Nahrung führt nicht automatisch zu einer gesteigerten Fettverbrennung. Besonders nicht langfristig.
Darum funktionieren Low Carb und Intervallfasten meist nicht langfristig
Vielleicht hast du in der Vergangenheit auch schon einmal versucht, „ein paar Kilo“ durch Low Carb, Intervallfasten oder einen anderen Ernährungstrend zu verlieren? Wäre ein Verzicht dieser Art der „Königsweg“, wären sicherlich mehr Menschen dauerhaft erfolgreich damit. Dass die Realität oft eine Mischung aus Jojo-Effekt, Müdigkeit und schlechter Laune ist, hast du möglicherweise schon am eigenen Leib erfahren.
Und weißt du, warum diese klassischen Diäten oft nicht funktionieren? Das Letzte, was dein Stoffwechsel braucht, wenn er ohnehin schon gestresst ist, sind weitere Einschränkungen. Vielmehr benötigt er Stabilität, Energie und (auch, wenn es viele nicht wahrhaben wollen) Kohlenhydrate. Letztere sind unter anderem wichtig für die körpereigene Hormonproduktion, deine Regeneration und dafür, dass dein Gehirn arbeiten kann. Letzteres braucht übrigens am Tag circa 130 Gramm Glucose, um richtig zu funktionieren. Wenn du also dauerhaft auf dein Frühstück verzichtest und immer wieder versuchst, Kalorien und besonders Kohlenhydrate einzusparen, schadest du deinem Stoffwechsel wahrscheinlich mehr als du denkst.
Ganz wichtig: Der Stoffwechsel muss mitspielen
Aber leider stellt genau der Stoffwechsel sich oftmals quer. Zugegeben: Viele muten ihm unter anderem auch mit Stress, unterschiedlichen Crash-Diäten, unregelmäßigem Essen oder Intervallfasten viel zu. All diese Faktoren sorgen dafür, dass der Stoffwechsel ausgebremst wird – vor allem, wenn es sich hierbei nicht um eine kurze Episode, sondern fast schon um einen Lebensstil handelt.
Der menschliche Körper merkt sich diesen Zustand und versucht, mit immer weniger Energie klarzukommen. So werden auch die Körperfunktionen auf das Notwendigste reduziert. Über einen längeren Zeitpunkt kann dadurch sogar die Verdauung leiden und der Darm in Mitleidenschaft gezogen werden.
Das Problem: Diese Art von Notbetrieb hat absolut nichts mit echter Fettverbrennung zu tun. Im Gegenteil! Dein Körper hält die Fettreserven, die du eigentlich loswerden möchtest, bewusst zurück, um die Gefahr der „Krisenzeit“ besser durchzustehen.
Reverse Dieting: Mehr Kalorien, ohne Jojo Effekt
Schritt 1: Bestandsaufnahme der Nahrungsmenge
Nimmst du nur noch schlecht, wenig oder gar nicht mehr ab, wenn du eine Diät oder sonstige Ernährungsumstellung probierst? Dann solltest du, bevor du mit Reverse Dieting startest, im ersten Schritt herausfinden, wo du mit deiner Nahrungsaufnahme derzeit stehst. Ein Ernährungstagebuch schafft Klarheit.
Protokolliere dafür über mindestens 7 Tage deine Nahrungsaufnahme. Am einfachsten ist es, wenn du dazu eine der vielen kostenfreien Apps nutzt, die es hierfür gibt. Die App zeigt dir, analog deiner Eintragungen, die zugeführte Menge an Kalorien pro Tag an. Damit kannst du feststellen:
- Nimmst du dauerhaft zu wenig Kalorien zu dir?
- Nimmst du dauerhaft zu viele Kalorien zu dir?
- Hast du große Tagesschwankungen in der Kalorienaufnahme?
- Wie ist deine durchschnittliche wöchentliche Kalorienaufnahme?
Diese Bestandaufnahme ist essentiell wichtig für den nächsten Schritt. Für den nächsten Schritt gibt es zwei Alternativen – 2a und 2b.
Schritt 2a: Berechne deinen Erhaltungsbedarf
Der Erhaltungsbedarf ergibt sich aus dem Grundumsatz und dem Leistungsumsatz. Wie du beides rechnerisch bestimmen kannst, habe ich bereits in diesem Artikel erklärt.
Wenn du deinen rechnerischen Erhaltungsbedarf nun also kennst, kannst du diesen mit deiner Bestandsaufnahme abgleichen:
- Liegst du mit deiner durchschnittlichen Kalorienaufnahme unter deinem Erhaltungsbedarf?
- Liegen manche Tage deutlich unter dem Erhaltungsbedarf sowie andere Tage über deinem Erhaltungsbedarf?
- Liegen einzelne oder Tage deiner Kalorienaufnahme sogar unter deinem Grundumsatz?
Kannst du eine oder alle Fragen mit „Ja“ beantworten, dann ist es definitiv Zeit für eine Reverse Diet.
Schritt 2b: Messe deinen Stoffwechsel
Rechnerische Formeln können einen ersten Anhaltspunkt geben. Im Alltag meiner Praxis sehe ich aber häufig, dass besonders der Grundumsatz durch Dauer-Diäten schon deutlich reduziert ist. Damit können die Formeln oftmals nicht passend sein. Der Goldstandard ist daher die Überprüfung deines Stoffwechsels mittels Spirometrie. Hierbei geht es geht es darum zu checken, inwieweit dein Stoffwechsel bereits heruntergefahren wurde ist und ob eine Fettverbrennung derzeit überhaupt noch funktioniert.
Die Stoffwechselanalyse liefert dir klare Zahlen, Fakten und Daten – direkt auf deinem Körper, um den optimalen Startpunkt für dein ganz persönliche Reverse Diet zu finden!
Schritt 3: Erhöhe die Kalorien langsam
Wenn du herausgefunden hast, dass deine Kalorienaufnahme also deutlich unter deinem Erhaltungsbedarf liegt (rechnerisch oder durch eine Stoffwechselanalyse), ist nun der Zeitpunkt gekommen, deine Nahrungszufuhr zu steigern. Das kann zum Beispiel im Rhythmus von ein bis zwei Wochen jeweils um 50 bis 100 kcal sein. Durch die langsame Steigerung der Nahrungsaufnahme kommt es in der Regel nicht zu einem Gewichtsanstieg, weil dein Stoffwechsel allmählich Vertrauen zurückgewinnt und damit nicht mehr ständig neue Fettreserven aufbaut.
Ganz wichtig: Es geht nicht darum, in diesem Schritt Gewicht zu verlieren!
Sollte dein Gewicht zwischenzeitlich leicht steigen, kannst du auch etwas länger mit der nächsten Erhöhung der Kalorien warten.
Das führst du so lange fort, bist du bei deinem Erhaltungsbedarf angekommen ist. Wichtig ist es nun, größere Schwankungen in der Nahrungsaufnahme zu vermeiden. Dein Stoffwechsel soll verstehen, dass nun gleichmäßig ausreichend Nahrung kommt und die „Hungersnot“ beendet ist.
Erst wenn du deinen Erhaltungsbedarf für 6-12 Wochen gehalten hast, kannst du davon ausgehen, dass ein Fettabbau durch ein moderates Defizit wieder möglich ist.
Wie macht man Reverse Dieting richtig?
Vorweg: Reverse Dieting ist nicht kompliziert. Halte dich dabei einfach an die Schritte:
- Bestandaufnahme deiner Ernährung
- Erhaltungsbedarf bestimmen
- Kalorienzufuhr langsam und schrittweise erhöhen
Natürlich solltest du auch beim Reverse Dieting nicht „irgendetwas“ essen. Möglichst unverarbeitete, natürliche Lebensmittel stehen ganz weit oben auf der Liste. Achte darauf, dass die zusätzlichen Kalorien vor allem in Vollkornprodukten, gesunden Fetten, hochwertigen Proteinquellen sowie und Obst bzw. Gemüse kommen.
Dennoch ist es vollkommen normal, dass du eventuell ein paar Fragen hast. Du kannst mich gerne kontaktieren, damit wir genau das Reverse Dieting Konzept finden, das optimal zu dir und deiner Ausgangssituation passt. Oder buche direkt deinen Termin für eine Stoffwechselanalyse.